Man könnte fast meinen ich bin gar nicht mehr in Göteborg – stimmt auch fast. Die Schweden sagen zwar nicht gern Osterferien, deswegen werden die Tage Selfstudy genannt. Und danach folgen Wiederholungsprüfungen aus dem letzten Semester – also auch für mich frei, weil ich letztes Semester gar nicht in Prüfungen schreiben haben können. Also eine gute Gelegenheit um nach Lappland zu fahren.
Das Willkommenskomitee für internationale Studenten hat auch einen Trip organisiert und um Mitternacht geht es in Göteborg los. Unser Ziel ist der Flughafen in Stockholm um nach Kiruna in Lappland zu fliegen. Im Bus kann man nicht ganz so gut schlafen, aber zumindest vergeht die sechsstündige Busfahrt ein bisschen schneller und den Flug verschlafe ich eigentlich auch. In Lappland angekommen, bin ich froh dass ich mich wärmer angezogen habe. Wir haben es natürlich gewusst, aber ich war schon über jede Schicht froh, die ich anhatte.
Als Erstes machen wir eine kleine Tour durch Kiruna. Kiruna ist zumindest für die Schweden wegen dem großen Eisenvorkommen entstanden. Die Sami waren schon lange da, aber die Schweden haben in der Vergangenheit die Tendenz gehabt, sie einfach zu vergessen. Die Mine in Kiruna ist die größte unterirdische Eisenmine – und sie wird noch größer. Derzeit wird nämlich die ganze Stadt verschoben, weil sich drunter ein Eisenvorkommen befindet. Anscheinend ist es auch billiger eine komplette Stadt abzureißen und wieder auf zu bauen als auf das Eisen zu verzichten.
Wir stoppen auch in der Kirche von Kiruna, eine der Ältesten in Lappland. Die wollen sie tatsächlich nicht abreißen, sondern siedeln. Wäre aber auch sonst schade um sie gewesen und Holzkirchen kann man nicht so leicht auseinander nehmen und wieder zusammen bauen. Derzeit bauen sie allerdings noch die Straßen um überhaupt dort mit dem LKW zu fahren, der dann die Kirche transportieren wird.
New Kiruna als Stadt ist nicht sehr spektakulär – wir haben auch nicht viel Zeit. Wir müssen nämlich das Essen für den restlichen Aufenthalt für unsere Hütte kaufen. Wir haben Glück, wir sind nur zu viert. Gibt aber auch Hütten mit dreizehn Leuten. Im Camp angekommen ziehen wir gleich in unsere Hütten ein und es ist schon sehr ein kuschliges Ambiente. Überall liegt Schnee, wir haben einen Ofen und natürlich keine Dusche, sondern nur die Gemeinschaftsdusche. Natürlich schauen wir sofort wie die Wolkenabdeckung für heute Nacht ausschaut, aber da eigentlich draußen ein Schneesturm wütet, wird es wohl nichts mehr mit Nordlichtern.
Den nächsten Morgen starten wir topmotiviert zum Langlaufen. Wir können uns die Ausrüstung vom Camp ausborgen und dann um den See laufen. Das Wetter ist sogar so prächtig, dass ich gerne die Sonnencreme und die Sonnenbrille auspacke. Der See hat teilweise bis zu einem Meter dickes Eis und überall liegen mindestens 20 cm Schnee. Alpines Skifahren gefällt mir zwar besser, aber auf dem Schnee ist Langlaufen dann doch ein gutes Fortbewegungsmittel.
Am Abend starten wir dann in den Nationalpark in Abisko für die Nordlichter. Es soll perfektes Wetter heute sein und wir ziehen uns alle super warm an. Ich borge mir noch bessere Schuhe aus und sie gibt mir auch gleich Schuhe, die zwei Größen zu groß sind und ein dickes Paar Wollsocken. Und ich war froh darüber. Bei unserem ersten Stopp bleiben wir bei einem Lagerfeuer, wo es Suppe und Tee gibt und da sehen wir dann auch bald unser erstes Nordlicht. Zuerst ist es nur ganz klein und man sieht es eigentlich nur auf Kameras, aber bald ist es für alle sichtbar. Kameras können Nordlichter viel besser einfangen als Augen, deswegen sind sie auf Bildern meist beeindruckender als im echten Leben. Aber auch ohne Kamera waren sie echt cool, wie sie sich über den Himmel bewegen und wachsen.
Nachdem wir allerdings dann schon fast zwei Stunden dort waren, beschließen wir zu unserem nächsten Stopp zu fahren – und uns aufzuwärmen. Wir haben Glück, auch beim nächsten Spot sehen wir wieder die Nordlichter. Zwar nicht so intensiv wie davor, aber auch nett. Unser letzter Spot ist einem Skigebiet auf einem Gipfel und da packen die Nordlichter nochmal alle ihre Tricks aus. Wäre es nicht so kalt gewesen, wären wir sicher länger geblieben.
Nachdem wir erst um halb 4 nach Hause gekommen sind, wäre es schon nett gewesen ausschlafen zu können. Allerdings steht für uns eine Snowmobiltour in der Früh nach Jukksjärvi an. In Jukksjärvi gibt es das ICE Hotel und Nutti Sámi Sida, ein Sámi Museum. Die Sámi waren schon seit vielen Jahren in Lappland – bis die Schweden beschlossen haben, dass das Land nun ihnen gehört. Für die Sámi, Nomaden, ein ganz unbekanntes Prinzip. Und wie es leider in der Geschichte passiert, wurden sie von den Schweden kolonialisiert und haben viele ihrer Traditionen verloren. Heute gibt es nicht mehr viele, aber die Geschichte wird zumindest ein bisschen aufgearbeitet.
Im ICE Hotel kann man für 600€ pro Nacht in den billigen Räumen übernachten – die hübscheren Räume sind dann schon bei 1200€ die Nacht. Was es so besonders macht? Fast das ganze Hotel ist aus Eis und es gibt Eisskulpturen. Jedes Jahr im Dezember hauen viele verschiedene Künstler Figuren aus dem Eis und verzieren die Räume. Deswegen müssen die Räume auch konstant auf maximal minus sieben Grad sein – in Lappland nicht wirklich ein Problem. Allerdings kann man dann nur in einem speziellen Thermoschlafsack dort übernachten und man kann erst ab 6 Uhr am Abend rein und muss um 8 Uhr in der Früh wieder raus, weil dann die Touristen kommen. Das, ohne Frühstück oder irgendwas, für 600€? Weiß ja nicht. Aber die Skulpturen und Räume waren schon echt nett, und wir haben nicht 600€ gezahlt um uns das anzuschauen.
Wir beschließen am Abend noch die Grillstelle auszuprobieren – überdacht und windgeschützt. Also eigentlich eh ganz warm. Wir sind nicht die einzigen und jeder grillt sein Essen. Naja und weil wir ja natürlich wieder auf Nordlichter warten, wird es wieder eine lange Nacht. Aber leider ist nichts aufgetaucht.
Am nächsten Morgen können wir endlich ausschlafen, nur am Nachmittag ist eine Hundeschlittentour geplant. Dort angekommen hören wir schon die Hunde heulen. Naja, bei 200 Hunden nicht schwer. Die Hunde sind schon bereit und fast empört, dass wir so lange brauchen. So viel Energie habe ich schon lange nicht mehr gesehen und als es endlich losgeht, können sie es gar nicht abwarten. Die Fahrt geht durch den Wald und unser Guide erzählt uns über die Hunde. Sie selbst ist grade erst mit ihren Hunden von einer 6 Tage Tour in den Bergen zurück gekommen. An einem Tag können sie bis zu 40 km laufen und sie brauchen die Bewegung auch. Ganz vorne lässt sie die Hunde laufen, die rechts und links unterscheiden können – also schon mal nix für mich. Hinten sind dann die jungen Hunde, die eigentlich alles ziehen.
Wir waren zwar ziemlich eingepackt – über die normalen Thermoschichten und Skigewand haben wir nochmal einen warmen Overall bekommen, aber wir beschließen trotzdem am Abend in die Sauna zu gehen. Die Sauna würde im Sommer eigentlich über den See schwimmen, aber derzeit ist sie im Eis gefangen. Der große Pluspunkt der Sauna? Mittendrinnen gibt es eine Luke zum Eiswasser vom See. Und das ist schon angenehm.
Aber dann bricht schon der Abreisetag für uns an. Wir borgen uns noch Schneeschuhe aus und kriegen bisschen stärkere Tennisschläger in die Hand gedrückt. Als mehr retro geht fast nicht, aber sie funktionieren meistens. Mit ein paar Stürzen spazieren wir durch den Wald und kommen zu einem anderen See. Dort wollte eine Freundin ausprobieren wie es ist im Schnee zu liegen. Naja, wir können froh sein dass sie am Anfang nur einen Schuh ausgezogen hat, weil sie ist sofort bis zu Hüfte im Schnee verschwunden und wäre noch weiter gesunken wenn sie nicht von ihrem anderen Schneeschuh gestoppt worden wäre. Also liegend wäre es nicht so leicht gewesen wieder aufzustehen. Aber irgendwann müssen wir dann uns dann doch vom Schnee verabschieden und machen uns wieder auf den Weg nach Göteborg.